Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch oftmals so nahe liegt? Das trifft in jedem Fall auf den Schwarzwald zu. So zählt die Schwarzwaldstrecke zu den schönsten Bahnstrecken Deutschlands. Ohne Umstiege verkehrt dort jetzt auch ein ICE von Hamburg nach Konstanz und ein Fahrgast bemerkte anlässlich seiner Fahrt, dass sogar die Bäume im Schwarzwald grüner zu sein scheinen als anderswo.
Kuckucksuhren, Kirschtorte, Bollenhut: Der Schwarzwald ist im In- wie Ausland für eine Vielzahl von Touristen ein Begriff. Freunde der Kulinarik kommen dank einer enormen Dichte an Sterne-Restaurants ebenso auf ihre Kosten wie Naturfreunde, denn die Ferienregion Schwarzwald erstreckt sich über insgesamt 11.100 Quadratkilometer. Das Gebiet ist ein wahres Eldorado für Wanderer oder Radfahrer. Familien kommen ebenso auf ihre Kosten wie Singles. Und selbst wenn es in der sonnenreichsten Region Deutschlands tatsächlich mal schlechtes Wetter geben sollte, so muss man kein Trübsal blasen, denn zahlreiche Museen, Thermal- oder Freizeitbäder bieten attraktive Ausweichmöglichkeiten für Unternehmungslustige.
Der Schwarzwald ist das größte Mittelgebirge Deutschlands und hat mit dem Feldberg, den Triberger Wasserfällen oder dem Schluchsee atemberaubende Naturkulissen zu bieten. Zu diesen kommt nun eine weitere hinzu: Über den Todtnauer Wasserfall spannt sich jetzt eine spektakuläre Hängebrücke. Sie ist 450 Meter lang, 120 Meter hoch, 120 Tonnen schwer und kostete rund fünf Millionen Euro.
Wer nicht schwindelfrei ist, sollte den Gang über die schwankende Konstruktion aus Edelstahl mit dem Gitterboden besser nicht wagen, denn sie kann bis zu 1,50 Meter zur Seite ausschwingen. Für alle anderen eröffnet sie einen grandiosen Blick über die Bergwelt des Südschwarzwalds. Direkt unter ihr liegt der Todtnauer Wasserfall, der sich mit einer ebenso stattlichen Höhe von 97 Metern in die Tiefe stürzt. Ein Rundgang über die Brücke zu den Wasserfällen und zurück ist in weniger als zwei Stunden zu schaffen. Größere Touren zum Feldberg oder vom Notschrei sind ebenfalls möglich.
Die längste Brücke ihrer Art in Baden-Württemberg nennt sich neudeutsch „Blackforestline“. Gebaut wurde sie in lediglich rund neun Monaten und das bei Wind und Wetter. Dafür wurde eigens eine auf alpines Bauen spezialisierte Firma aus Vorarlberg in Österreich engagiert.
Das Ergebnis kann sich wahrlich sehen lassen. Auch wenn die Landschaft selbst spektakulär genug ist, um auch ohne Brücke zu wirken, so fügt sich das architektonische Meisterwerk harmonisch in die Natur ein. Etwa 350 Menschen dürfen gleichzeitig auf die Brücke, obwohl sie über eine Tragfähigkeit von 1000 Personen verfügt. Auch Rollstuhlfahrer können die Brücke befahren. Sie erhalten über einen separaten Zugang am Brückenkopf West Zugang zu dem Bauwerk. Über das Jahr verteilt sind zahlreiche Aktionen geplant. So werden künftig geführte Wanderungen, Sonderöffnungszeiten zum Sonnenaufgang oder Erlebnisstunden mit dem „Blackforestline“-Maskottchen angeboten.
Der Spaß ist allerdings nicht ganz umsonst zu haben: Zwölf Euro Eintritt muss man für den Gang über die neue Touristenattraktion in Todtnau zahlen. Darin enthalten ist jedoch die Gebühr für den Besuch des Wasserfalls, der einzeln 2,50 Euro kostet. Dieser Betrag fließt an die Gemeinde Todtnau und kann zur Finanzierung künftiger Sicherungsarbeiten oder für die Müllentsorgung verwendet werden.
Das mitunter schon als „neues Wahrzeichen“ gepriesene Bauwerk soll insbesondere Touristen aus entfernteren Regionen anlocken und vor allem den Schwarzwald das ganze Jahr über für Gäste attraktiv machen. Da dem Wintersport, der bislang das meiste Geld in die Kassen der Schwarzwaldgemeinden spülte, aufgrund des Klimawandels keine große Zukunft prophezeit wird, suchen die Tourismusverantwortlichen nach Alternativen. Die Hängebrücke passt damit genau in deren Konzept.
In den ersten drei Tagen nach der Eröffnung wagten sich bereits rund 5.000 Besucherinnen und Besucher auf die Brücke, darunter überwiegend Gäste aus dem benachbarten Ausland wie der Schweiz und Frankreich. Und deren Resonanz ist überwiegend positiv. Ob „grandios“, „gigantisch“ oder „spektakulär“: Mit Superlativen geizten die ersten mutigen Brückenüberquerer nicht.
Bis zu 100.000 Gäste werden pro Jahr erwartet. Doch dafür sind die Gastgeber gerüstet. Zahlreiche Hotels, Pensionen, Gasthäuser, Campingplätze oder Ferienhäuser im Südschwarzwald stehen zur Auswahl bereit, um den Aufenthalt auch mehrere Tage lang so angenehm wie nur möglich zu machen. Nach einer Rad- oder Wandertour sorgen sie mit Wellness-Angeboten und regionalen Spezialitäten dafür, dass Leib und Seele neue Energie tanken können. Und wer nach dem imposanten Ausblick auf der schwankenden Hängebrücke wieder etwas Stabilität zu schätzen weiß, kann in ein gemütliches Bett fallen. Und das meist mit nicht minder eindrucksvollem Ausblick auf die schöne Natur des Schwarzwalds.