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Die FamilienForschung Baden‑Württemberg im Statistischen Landesamt hat im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration einen Report zur Armutsgefährdung junger Erwachsener in Baden‑Württemberg erstellt.

Von Dirk Meyer

Dieser ist ein Baustein der Armuts- und Reichtumsberichterstattung des Landes. Der erste umfassende Armuts- und Reichtumsbericht für Baden‑Württemberg mit dem Schwerpunkt Kinderarmut wurde im November 2015 vorgelegt.

Der jetzt veröffentlichte Kurzreport zeigt, dass die relative Einkommensarmut junger Erwachsener vielschichtig und multikausal ist. Sie betrifft so unterschiedliche Gruppen wie junge Menschen mit fehlenden Schul- und Berufsabschlüssen, solche, die atypisch beschäftigt sind und gering entlohnt werden, junge Eltern sowie Auszubildende und Studierende mit im Durchschnitt positiveren Einkommensperspektiven.

Junge Erwachsene im Alter von 18 bis unter 25 Jahren waren in Baden‑Württemberg 2013 im Altersgruppenvergleich nach dem Landesmedian mit 23,7 Prozent am häufigsten armutsgefährdet (Gesamtbevölkerung: 14,8 Prozent). Der Anstieg ihrer Armutsgefährdungsquote im Zeitraum 2005 bis 2013 fiel mit 3,9 Prozentpunkten am deutlichsten aus (Gesamtbevölkerung: + 1 Prozentpunkt). Bei den 18- bis unter 25-Jährigen im Land war 2013 zudem eine überdurchschnittlich hohe Armutsintensität zu beobachten (27,7 Prozent versus rund 20,6 Prozent bei der Gesamtbevölkerung). Armutsgefährdete junge Erwachsene mussten 2013 mit einem monatlichen mittleren Einkommen von rund 707 Euro zurechtkommen. Die Analyse zeigt, dass die Aufstiegschancen von jungen Erwachsenen aus dem untersten Einkommensviertel im Zeitvergleich gesunken sind, Abstiege aus dem obersten Einkommensviertel haben zugenommen.

Mögliche Gründe für das gestiegene Armutsrisiko junger Erwachsener liegen nach Ergebnissen des Reports in der Entwicklung der Lebensformen, in der Verlängerung der Bildungs- und Ausbildungsphase sowie in Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt. Der Anteil der 18- bis unter 25-Jährigen, die noch im Haushalt der Eltern leben, war 2013 geringer als 2005 (- 2,2 Prozentpunkte), wohingegen der Anteil der Alleinlebenden zugenommen hat (+ 5,6 Prozentpunkte). Auch die Verlängerung der Bildungs- und Ausbildungsphase und damit der spätere Eintritt in die ökonomische Selbstständigkeit dürften zum gestiegenen Armutsrisiko der jungen Erwachsenen beitragen. Die Auswertungen zeigen, dass insbesondere der Anteil der Studierenden stark zugenommen und sich von 13,1 Prozent (2005) auf 24,3 Prozent (2013) nahezu verdoppelt hat. Zugleich ist auch das Armutsrisiko für Studierende deutlich (+ 9,5 Prozentpunkte) angestiegen. Allerdings dürfte das Armutsrisiko von Studierenden in den meisten Fällen nur vorübergehend und mit deutlich positiveren Einkommensperspektiven in der Zukunft verbunden sein.

Reihe »Report Sozioökonomische Lebenslagen«: Der aktuelle Report »Relative Einkommensarmut von jungen Erwachsenen« erscheint in der Reihe »Sozioökonomische Lebenslagen«. Die Veröffentlichungsreihe ist ein Baustein der Armuts- und Reichtumsberichterstattung der Landesregierung und soll zentrale Fragestellungen schlaglichtartig beleuchten. Der Report Sozioökonomische Lebenslagen wird von der FamilienForschung Baden‑Württemberg im Statistischen Landesamt im Auftrag des Ministeriums für Soziales und Integration Baden‑Württemberg erstellt und in elektronischer Form veröffentlicht. Er stellt aktuelle Daten und themenbezogene wissenschaftliche Analysen in kompakter Form zur Verfügung und ergänzt so den ersten umfassenden Armuts- und Reichtumsbericht, der im November 2015 erschienen ist.

Armutsmessung: Armutsgefährdung meint im Rahmen dieses Reports relative Einkommensarmut. Nach der zugrundeliegenden Definition ist armutsgefährdet, wessen Einkommen bei weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens (gemessen am Median) der Gesamtbevölkerung liegt. Ab diesem Schwellenwert geht man von einem erhöhten Armutsrisiko aus. Der Gedanke dahinter ist, dass unterhalb von diesem Schwellenwert die Menschen über so geringe Mittel verfügen, dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Land, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist, also eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht mehr möglich ist. Diese Definition von Armutsgefährdung wurde von der EU-Kommission entwickelt und wird auch auf Bundesebene im Rahmen der Armuts- und Reichtumsberichterstattung verwendet. (red/lh)

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