Bei seiner Recherche­Rundreise durch die verschiedenen Stadtteile der Schwabenmetropole wurde dem Trottwar­Reporter eines bewusst: Graffitti spielt im Stuttgarter Stadtbild eine große Rolle. Wütende Anwohner und begeisterte Bewunderer ­die gesprühten Werke polarisieren.

Stuttgart. „Das kotzt mich richtig an“, schimpft der junge Firmeninhaber aus Stuttgart­West, dessen Hausfassade in der Bebelstraße mit Schriftzügen vollbeschmiert ist. Er habe bereits mehrere Graffitti­Reinigungsfirmen ausprobiert, aber nach wenigen Tagen wären die Schmierereien immer wiedergekommen.

Bei der Rundreise durch die Stuttgarter Stadtteile per Bus, U­Bahn und zu Fuß fiel dem Trottwar- Reporter eines deutlich auf: Fast jede Straße in der Schwabenmetropole ist mit Graffitti in Kontakt gekommen. Schulen, Altglascontainer, Hauswände, Garagentore, Laternenpfähle, Mülleimer und vieles mehr ist durch Sprühereien oder besser gesagt Schmierereien verunstaltet. Während in Bad Cannstatt in der „Hall of Fame“, der einzigen legalen Fläche in der Stadt, viele schöne Werke zu bewundern sind, die man zurecht auch Bilder nennen kann, handelt es sich im Stadtbild dann doch um ­ in Sekundenschnelle hin gesprühte ­ Kritzeleien. Los geht es im Osten der City in der Schwarenbergstraße. Hier fällt ein großes rotes Graffiiti an Garagenwand und Zigarettenautomat auf.

Der Automat ist so verunstaltet, dass man als Kunde kaum erkennen kann, welche Sorte an Glimmstengeln man sich zieht… Ein Anwohner, der mich beim Fotografieren sieht, schüttelt nur mit dem Kopf. Sein Gesichtsausdruck verrät, dass ihm die Sprühereien gar nicht gefallen. Für die Sprüher lösen die „Tags“, ihre ganz persönlichen Buchstaben, Zahlen oder ähnliches ein Hochgefühl, fast schon drogenähnlich aus.

Dies lässt sich als Motivation für die hundertfach illegalen Graffittis in Stuttgarts Stadtbild anführen. Dabei werden die bunten Sprühdosen auch zur Waffe, wie man am anfangs erwähnten Beispiel in der Bebelstraße erkennt. Innerhalb von wenigen Minuten lässt sich dabei eine Hausfassade zerstören, die eigentlich als Firmensitz einladend auf Kunden wirken soll. Weiter geht es in der Haußmannstraße. Hier erreichen die Schmierereien einen Höhepunkt.

In der langgezogenen Straße ist fast jede Garage, Hauswand und Straßenlampe bemalt. „Schrecklich diese Schmierereien“, beschwert sich eine Mutter, die ihren Sohn von der Grundschule abholt. „Mein Sohn soll in der Schule im Kunstunterricht lernen schön zu malen und dann sieht er solchen Dreck“, erbost sich die Frau.

Weiter geht die Reise in der Hohentwiel­ und Hasenbergstraße. Hier im besseren Wohngebiet (und auch in ähnlichen anderen Stuttgarter Gegenden), fällt auf, dass zwar auch Laternen und Mülleimer beschmiert sind, aber keinerlei Wohnhäuser. Ob die Bewohner ihr Geld besser in Reinigungen oder Sicherheitsvorkehrungen investieren oder haben die Sprüher gar mehr Respekt und somit mehr Hemmungen hier ihre illegalen „Tags“ zu hinterlassen? Im Stuttgarter Westen sind die Graffittis an der gesamten Stadtbahn­Route – vor allem an den Haltestellen – zu beobachten. In der Bebelstraße erreichen die Schmierereien dann wieder einen Höhepunkt: Hier reiht sich „Tag“ an „Tag“. Der eingangs zitierte Firmenboss sucht weiter händeringend nach einer Lösung für seine Hauswand. „Keine Reinigungsfirma hat mir bisher helfen können: „Hohe Rechnungen wurden mir präsentiert und am nächsten Tag war wieder alles beim Alten“.

Ein schöneres Beispiel für Graffitti im Stadtbild bietet sich dem Passanten dagegen dann in der Schlossstraße in Stuttgart­Mitte: Eine Schule hat hier – ganz legal ­ ein Graffitti als Kunstwerk auf einer Hartplastik­Leinwand (nicht direkt auf dem Hausputz) angebracht. So sollte doch die (positive) Zukunft im Stadtbild aussehen: Mit Sprühdosen gemalte Bilder, die vor allem zweierlei sind: Schön anzusehen und ganz legal.(ak)

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