Nikita Gorbunov

Torsten Sträter ist eine Erscheinung wenn er live im TV auf der Bühne steht: Zwei Meter groß, Glatze und eine kräftige Stimme. Der Comedian hat sich einer bestimmten Stilrichtung verschrieben: Dem „Poetry Slam“. Hierbei werden selbst kreierte Texte in Reimform zum Besten gegeben.

Wortwitz und Kreativität ist hier gefragt. Es sind die „modernen Dichter“, die im Fernsehen auftreten oder sich in Stuttgart bei den Deutschen Poetry Slam Meisterschaften messen. Es ist bereits die 20. Auflage dieses Wettbewerbs. Selbstverfasste Texte werden innerhalb eines Zeitlimits von fünf Minuten ohne weitere Hilfsmittel einem Publikum präsentiert, welches durch Applaus oder mithilfe von Jurytafeln einen Sieger bestimmt.

Grenzen gibt es nicht: von flammenden Reden über lustige Shortstories bis hin zu nachdenklich stimmender Performance- Lyrik kann der Zuhörer hier alles erleben.

Poetry Slam Meisterschaften – in Stuttgart

Der Poetry Slam wird dabei immer beliebter. Zu den 4200 Events im Jahr kommen eine knappe halbe Million Besucher.
Berlin gilt derzeit als die deutsche Hochburg des Poetry Slams, aber in Stuttgart arbeitet man daran hier aufzuholen: Vom 2.-5- November finden die deutschen Poetry Slam Meisterschaften statt – in Stuttgart.

Einer der auch daran aktiv mitwirkt ist Nikita Gorbunov (31). Als Vorstand des Stuttgarter Vereins ausdrucksreich e. V. leistet der Kabarettist und Liedermacher Poetry Slam Jugendarbeit in Workshops an Schulen sorgt so für immer mehr Nachwuchs für den modernen Dichterwettstreit.

Nikita Gorbunov wurde vor 31 Jahren in Russland geboren. Der gelernte Tontechniker verschrieb sich ganz dem Poetry Slam.
Er kümmerte sich verstärkt um den kreativen Nachwuchs und tingelte von Schule zu Schule durch Deutschland. Mit seinen Kollegen führt er die Geschäfte des Stuttgarter Dichter-Vereins „ausdrucksreich“ und verwirklicht außergewöhnliche Projekte wie „Poetry on Tour“, eine Poetry-Slam- Wohnmobiltour durch ganz Baden-Württemberg. Auf der Bühne präsentiert Nikita mehrere Stilformen:

Die skrupellosen Sprüche aus dem Rap-Bereich; die lyrische Performance der Slam-Poesie; seine Lust am Ungeschminkten Wahren und Abgründigen – so auch eines seiner bekannteren Werken – die Ode an den Süden.

Ode an den Süden

von Nikita Gorbunov aus Stuttgart-Heslach,08/2016

Im Norden da schmiegen sich Wiesen an Wiesen
Um am Rand dieses Levels nur Wiesen zu spawnen
Wo den süßesten Leuten so die Füße durchfeuchten,
dass selbst ihre Witze Ostfriesen bekommen.
Im Westen da werden in Reihenhauswüsten
Die Kartoffeln frittiert und die Sprüche gekloppt
Da wächst Dir vom Sichtbeton-Autobahn-Trübsinn
Am Ende noch die Adilette im Kopf
Ich könnt’s mir ersparen
vom Osten zu reden, aber immerhin weiß
Ich das alles okay wird, wenn Frodo den Ring
In der Sächsischen Schweiz in den Schicksalsberg schmeißt
Und Du sagst: „Der Süden, das ist doch der Ort,
wo der Spießbürger seinen Bürgersteig fegt.
Wo er, wenn er das Trottoir um 18 Uhr hochklappt,
Genüsslich darunter die Freiheit begräbt!
Wo Hügel den Menschen den Blick so verstellen,
dass es die Sprache der Leute absonderlich staucht.“
Kerle. Ich lade Dich ein, mit uns zusammen in die Sonne zu schauen!
Vom Marienplatz zum Wald rauf.
Folg dem Abendrot im Breisgau bis zur Dämmerung am Albtrauf
Schau mit mir den Kessel brodeln, bis es endlich, endlich donnert.
Es ist wurscht, woher Du kamst, denn ab jetzt bist Du im Sommer.
Schinken und Melone im Vauban.
Du bist Tanzen im Wagon, bis die erste 15 kommt.
Du bist Südstadt-Dolce-Vita. Du bist Pfingsten an den See.
Du bist vor der Tür im Jungbusch Deinen Mokka trinken gehen.
Du bist Füße in den Neckar. Du bist chillen am Palast.
Du bist Heidelberg vom Feinsten und Bad Cannstatt abgefuckt.
Und am Leonberger Kreuz
Du bist: „Reiß das alles auf und dann bau das alle neu!“
Und Du glaubst an Winfried K., Gottlieb D. und Jogi L.
Du glaubst: „Hey, des geht fei bessr!“
Du glaubst immer an dich selbst.
Ein Satellit zieht einen Katzenbildschweif durch den Kosmos;
Ein Roboterarm bappt Kanji auf Mangopüree;
Ein Kind hält eine Waffe, die Heckler&Koch schuf:
Überall hat ein Schwabe die Hand angelegt.
ja, badische Mörser und schwäbische Jäger sind über Berge von Toten gerollt.
Hielt Badener zum Zeichen der Freiheit die allerersten Fahnen in Schwarz, Rot und Gold.
Wir leben umgeben von Hügeln,
Drum schauen wir so gerne über den Rand
Wenn einem Heilbronner Heilbronn nicht mehr langt
Dann nimmt er den Globus, dann dreht er daran.
Ein Nordlicht träumt immer, ein Schiff zu besteigen
Die Segel zu setzen, in die Ferne zu reisen
Und kommt es dort an, dann ist dort ein Schwabe
und winkt ihm: „Grüß Gott, ich bin hier auf Montage“
Drum hab ich hier alles: Mein Äffle, mein Pferd.
Meine Frau, die die pechschwarze C-Klasse fährt,
die mich Sonntags in der Laube aufm Stückle verführt.
Mein Herzitaliener, mein Herrenbarbier
Meine Breuninger-Card, mein Metzinger Outlet.
Die Linsen mit Essig und leckerem Bauchspeck.
Oh Ofenschlupfer! Oh Skischullandheim!

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